Das „Ei“ springt nicht - Eierstockszysten

Deine Kühe haben Zysten

Bleibt der Eisprung  am Brunstende aus, wächst das Bläschen auf dem Eierstock weiter. Ab einem Durchmesser von rund zwei Zentimetern sprechen Tierärzte von Eierstocks-Zysten. Je nach Aufbau der Blasenwand unterscheiden sie „Follikelzysten“ oder „(teil)luteinisierte Thekazysten“. Oft sind Zystenkühe dauerbrünstig. Noch häufiger blockieren die Zysten allerdings den Zyklus – Deine Kuh kommt überhaupt nicht mehr in Brunst. Die Übergänge zwischen den Zystenarten sind fliessend.

Dünnwandige Zyste

Die dünnwandigen „Follikelzysten“ produzieren oft Östrogen. Die Kuh ist dauernd brünstig.

Dauerbrunst

Die „klassische Zystenkuh“ zeigt immer wieder Brunstsymptome und ist stets beteiligt, wenn ihre Herdengenossinnen stierig sind.

Dickwandige Zyste

Die dickwandigen „Thekazysten“ enthalten Gelbkörper-Gewebe, das Progesteron bildet und dadurch den Zyklus stoppt.

Blockierter Zyklus

„Stille Zysten“ fallen zunächst nicht auf, da sich die Kühe nicht zeigen. Erst bei einer Untersuchung der Eierstöcke, werden sie gefunden.

Praxis-Tipp

Viele Kühe von Landwirt Jérôme haben ab dem 60. Laktationstag keinen Zyklus mehr. Sein Tierarzt diagnostiziert dann häufig Zysten auf ihren Eierstöcken und behandelt sie.

Was funktioniert bei Kühen mit Zysten nicht?

LH-Mangel

In Experimenten wurde herausgefunden, dass Kühe mit Energiedefizit in ihrer Hirnanhangdrüse nur noch ca. 1⁄3 der eigentlichen Menge an Eisprunghormon (LH) bilden können. Solche Kühe haben am Brunstende keinen Eisprung. Das Eibläschen wird stattdessen zu weiterem Wachstum stimuliert.

Kurze Zeitspanne

Manchmal passt das zeitliche Zusammenspiel zwischen LH-Ausschüttung in der Hirnanhangdrüse und der Ausreifung der Eiblase nicht. Die Zeitspanne, in der das LH auf der Eiblasenhülle wirken kann, ist nämlich nur sehr kurz. Vor oder nach diesem Zeitraum, sind die Rezeptoren auf der Eiblase noch nicht oder nicht mehr empfänglich für das LH. Seine Wirkung verpufft.

Welche Faktoren begünstigen Zysten?

Eine negative Energiebilanz und eine Ketose nach dem Kalben sind die wichtigsten Ursachen für die hormonellen Entgleisungen. Das Stoffwechsel-Hormon Leptin, das bei Energiemangel in der Leber gebildet wird, spielt dabei physiologisch eine grosse Rolle - wie z.B. auch bei azyklischen Kühen. Einen Energiemangel vor und nach dem Abkalben zu vermeiden, frühzeitig zu erkennen und schnell einzugreifen, ist daher für die Zystenprophylaxe entscheidend.

Verfettetung

Kühe, die zu Laktationsbeginn viel Körperfett mobilisieren können, bekommen rasch eine Ketose und sind so Risikotiere für Zysten.

Erbliche Veranlagung

In manchen Kuhfamilien kommen Zysten gehäuft vor. Diese reagieren sehr empfindlich mit einer Entgleisung des Zyklus auf ein Energiedefizit.

Gestörte Nachgeburts-Phase

Kühe mit Problemen vor, während oder nach der Geburt sind Risikotiere, da sie schnell ins Energieloch rutschen.

Schlechte Haltungsbedingungen

Die Futteraufnahme jeder Kuh sinkt, wenn der Stall überbelegt, zu stickig, zu warm oder zu feucht ist. Zysten sind indirekte Folgen.

Wirtschaftliche Bedeutung

Zystenkühe sind Problemtiere: Sie sind länger leer, ihre Trächtigkeitsrate ist vermindert, die Behandlung kostet Zeit und Geld. Wenn sich Zysten nicht mehr auf Einzeltiere beschränken, sondern Dein Bestandsproblem sind, wird die einzelne Trächtigkeit teuer ! Sie kostet rund dreimal so viel wie in einer Herde mit guter Fruchtbarkeitslage.

Abgangsursache

Wie wichtig Zysten als Abgangsursache von Milchkühen sind, zeigen Untersuchungen, die bei 4 bis 15 % der Schlachtkühe zystische Veränderungen an den Eierstöcken finden.

Wie erkennt man Kühe mit Zysten?

Früherkennung

Lass mindestens alle Kühe tierärztlich untersuchen, die in den ersten 60 Tagen nach dem Abkalben nicht von selbst in Brunst gekommen. So entdeckst Du „stille Zysten“ rechtzeitig. Dazu musst Du aber dokumentieren, wer, wann stierig war!

Rektale Untersuchung

Ein zystischer Eierstock ist gross. Die genaue Diagnose mittels einer manuellen rektalen Untersuchung ist schwierig. Manchmal ertastet der Tierarzt eine oder mehrere Blasen. Sehr dickwandige Zysten können sich aber auch ähnlich wie Gelbkörper anfühlen.

Ultraschall-Untersuchung

Durch eine Ultraschalluntersuchung kann der Tierarzt einen Zystenverdacht absichern. Auch der Wandaufbau der Zyste kann besser differenziert und damit eine genauere Diagnose gestellt werden. Dies hilft bei der Therapieauswahl.

Eingefallene Beckenbänder

Kühe, die wegen Zysten lange Zeit Östrogen bilden, sind schliesslich äusserlich erkennbar. Wie in der Vorbereitung auf die Geburt fallen bei ihnen die Beckenbänder ein, die Scham schwillt an und der Schwanz wird locker.

Warnsignale

Diese Zeichen sollten Dich alarmieren – denn in Deinem Betrieb herrscht dann ein höheres Risiko für Eierstockszysten!

Erhöhtes Zystenrisiko wegen

Warnsignale

Abbau von Körperkondition

>  1 BCS-Punkt abgebaut

Energiemangel / Ketose

Milcheiweiss < 3,2%

Fett-Eiweiss-Verhältnis zu Laktationsbeginn > 1,5

Azetontest +

Rohfasermangel / Azidose

Milchfett < 3,6%

Fett-Eiweiss-Verhältnis < 1

Eingeschränkte Pansentätigkeit:

Kauschläge < 55 pro Bissen 

Pansengeräusche reduziert

Eiweissüberversorgung

Harnstoffwerte > 30 mg/dl 

Mineralstoffdefizit

Mangel an Selen, Mangan, Kupfer, Zink

Vitaminmangel

Mangel an Vitamin E und ß-Carotin

Pilzgifte  

Hohe Mykotoxingehalte

Hefebefall in der Silage

Ungünstige Stallverhältnisse

Überbelegung 

Hitze 

Hohe Luftfeuchtigkeit 

Wassermangel 


Andere Kühe mit Dauerbrunst (Differentialdiagnosen)

Kühe, die dauernd Östrogen im Blut haben, zeigen ständig unsichere Brunstsymptome und sind immer mitbeteiligt, wenn andere in Brunst sind. Auch hochtragende Kühe in der Vorbereitungsphase zur Geburt stehen unter solchem Einfluss des Brunsthormons. Sind im Futter weibliche Hormone (Phytoöstrogene) oder Schimmelpilzgifte (Fusarien-Toxine) enthalten, kann sich das ebenso in Dauerbrunst äussern. 

Andere Kühe mit blockiertem Zyklus (Differentialdiagnosen)

Auch azyklische oder stillbrünstige Kühe, Kühe mit bleibendem Gelbkörper ohne Trächtigkeit oder mit Gebärmutterentzündungen zeigen über lange Zeit keine Brunst. Unterscheiden kann dies alles nur der Tierarzt durch eine Untersuchung der Gebärmutter und/oder der Eierstöcke.

Ziele bei einzelnen Zysten-Kühen

Eine Zyste sollte schnellst möglich behandelt werden, damit der Zyklus wieder anläuft. Welche Therapie angewandt wird, richtet sich nach der Zusammensetzung des Zystengewebes und ist Entscheidung des Tierarztes.

Risikoarm ist es, Eierstockszysten hormonell (z.B. mit Progesteron-Präparaten plus Prostaglandin, OvSynch-Methode) zu behandeln. Zysten (insbesondere dickwandige) von Hand abzudrücken, kann dagegen zu Verklebungen des Eileiters mit dem Eierstock führen. Kühe mit verschlossenen Eileitern sind dann unfruchtbar.

Deshalb ist das Zysten-Abdrücken heute eigentlich nicht mehr das Mittel der Wahl.

Ziele bei Bestandsproblem Zyste

Die Risikofaktoren für Zysten anhand der Warnsignale analysieren – eventuell mit externer Hilfe. Daraus die Fehler, die im Betrieb gemacht werden, ableiten und abstellen. Meist läuft dies auf folgende Punkte hinaus:

  • Energieversorgung vor und nach dem Abkalben optimieren
  • Futterqualität verbessern
  • Mineralstoffe und Vitamine bedarfsgerecht füttern
  • Die Futteraufnahme-bremsenden Faktoren im Stall abschaffen

Praxis-Tipp: Viele Kühe im Bestand, mit Zysten – was tun?