Die sichere Besamung – Arbeitssicherheit für Besamerinnen und Besamer

Beim Besamen passieren hin und wieder Arbeitsunfälle, denn hinter dem Tier steht man einfach völlig ungeschützt in der Gefahrenzone für Schlagverletzungen durch Tritte.

Mit spezieller Ausrüstung oder baulichen Vorrichtungen kann das Risiko allerdings minimiert werden.  

Oberster Grundsatz für alle: Geht kein persönliches Risiko ein!

Unbekanntes Terrain

Für den Besamungsdienst oder die Hoftierärzte beginnen die Gefahren auf dem Weg zwischen Auto und Kuh – in unbekanntem Terrain.

Hier passieren häufig Stürze an schlecht beleuchteten Tritten oder Absätzen, auf rutschigen Böden oder unter tiefhängenden Milchleitungen.

Praxis-Tipp

Besamungstechniker Reto berichtet: "Die ersten Besuche bei neuen Kunden sind am riskantesten - Man kennt die Örtlichkeiten dort nicht.

Ich erinnere mich an einen Fall aus meiner Anfangszeit: Auf diesem Betrieb führt der Zugang zum Stall durch den Melkstand. Der ist sehr finster, schlecht beleuchtet und hat einen Absatz nach unten. Ich übersah diese Stufe, stolperte und konnte einen Sturz gerade noch abfangen. Ich schlug mir aber die Schulter an der Wand an und hatte einen ordentlichen blauen Fleck.

Beim nächsten Besuch, sprach ich den Landwirt darauf an. Er wusste, dass dies eine „blöde Stelle“ ist. Er sei dort auch schon mehrfach beinahe gestürzt. Dass ich ihn nun aktiv darauf angesprochen hatte, veranlasste ihn dazu, die Stufe zu entschärfen: Er installierte einen Bewegungsmelder im Melkstand und klebte ein reflektierendes Band auf die Trittkante. Man kann sie jetzt viel besser sehen! Ich bin froh, dass unser Gespräch der Auslöser dafür war und kann allen Kollegen nur empfehlen, die Betriebsleiter auf solche Gefahrenstellen (höflich!) hinzuweisen".

Schwarzes Loch

Oft ist der Eingangsbereich von Ställen nur wenig ausgeleuchtet und Stolperfallen wie Stufen sind schlecht zu erkennen.

Hohe Stufe

Sturzgefahr: Hohe Absätze auf dem Weg zur Kuh sind fiese Stolperstellen. Man tritt bei Unachtsamkeit schnell ins Leere.

Niedere Leitung

Leitungen, die auf Kopfhöhe im Stall hängen, sind tückisch: Der Ortsfremde schaut nach unten, um zu sehen, wo er hintritt - und stösst mit der Stirn gegen das Rohr 

Mistschieber in Bewegung

Während der Besamung sollte der Mistschieber in planbefestigten Boxenlaufställen ausgeschaltet sein. 

Die Tiere fixieren

Auch ansonsten umgängliche Tiere müssen zur Besamung sicher angebunden oder in einem Fressgitter eingesperrt sein.

Macht sich ein schlecht fixiertes Tier unter der Besamung los, kann es dem Besamenden den Ellbogen oder andere Teile des Armes schmerzhaft verdrehen. 

Es reicht nicht aus, wenn das Tier von einer Hilfsperson lediglich am Kopf festgehalten wird. Das ist viel zu unsicher!

Im Anbindestall

In Stallsystemen mit Anbindehaltung können die Kühe zwar nicht weglaufen, haben aber meist seitlich viel Bewegungsfreiheit. Was normalerweise erwünscht ist, kann während einer Besamung zum Problem werden. 

In der Liegebox

Im Boxenlaufstall, werden Kühe oft in einer Liegebox festgebunden, damit sie abliegen können, bis der Besamer/die Besamerin kommt. Hohe Schwellen am Boxenende können kleineren BesamerInnen Probleme bereiten.

Im Fressgitter

Im Laufstall ist es günstig, die Kuh für die Besamung ins Fressgitter zu nehmen. Damit sie dort seitlich nicht ausweichen kann, sollte sie mit mehreren Herdengenossinnen gemeinsam eingesperrt sein – am besten mittendrin.

Auf der Weide

Weidebesamungen sind immer riskanter als im Stall. Die Tiere müssen gut angebunden und am besten vom Rest der Herde separiert sein. Alleine, ohne Hilfsperson sollte man auf einer Weide nicht besamen.

Kühe sind Herdentiere

Ein häufiger Fall aus dem Besameralltag: Alle Kühe sind auf der Weide bis auf eine einzige. Die soll besamt werden, steht allein im Stall und ist deshalb nervös. Denn als Herdentier fühlt sie sich in dieser Situation schutzlos ausgeliefert.

Es ist daher immer besser mehrere Tiere im Stall zu behalten, auch wenn nur eine einzige Kuh besamt werden muss.

Auch wenn Du die zu besamende Kuh innerhalb des Stalls von der Herde separierst: Diese nie alleine, vollständig getrennt von den anderen Tieren, anbinden.

Wie festbinden?

Oft werden Kühe zur Besamung mit einem Halfter und Strick angebunden.

Wichtig ist, dass sich beides auch in brenzligen Situationen mit einem gezielten Zug schnell wieder öffnen lässt. An einem falsch gebundenen Knoten kann sich der Besamer die Finger schmerzhaft einklemmen, wenn der Strick  nach getaner Arbeit wieder gelöst werden soll. 

Sicherheitsknoten – das „Not-Aus!“

Du solltest eine Kuh zur Besamung deshalb nur mit einem Sicherheitsknoten anbinden: Ein Knoten, der sich nicht auf den Zug der angebundenen Kuh löst - aber schnell aufgeht, wenn man auch unter Spannung am freien Ende zieht.

Beim gängigsten Knoten führst Du das lose Ende des Seils um einen «Knüppel», den Du zuvor gelegt hast.

Wichtig: Die Schlingen dürfen sich bei einer panischen Kuh nicht zuziehen. Das verhinderst Du, indem Du das Seil, das um die Stange oder den Balken legst, zunächst einmal unterschlägst.

Das Achterhalfter

Das Achterhalfter ist eine gute Möglichkeit Kühe schnell und sicher mit einem einfachen Seil zu fixieren.

Unsere Empfehlung

In der Broschüre des FiBL: Erfolgreiches Rinderhandling – Wahrnehmen, verstehen, kommunizieren findest Du viele gute Informationen zum richtigen Anbinden von Rindern.  

 

Beratungsartikel und Checkliste

Oder Du lädst Dir unseren Blitzlicht-Artikel aus dem Toro (04/2016) als pdf herunter: Knoten korrekt knüpfen können.

Eine richtig angebundene Kuh erleichtert die Arbeit der Besamerinnen und Besamer erheblich.

Wir haben Dir die wichtigsten Punkte, die dabei zu beachten sind, in einer Checkliste "Das korrekte Anbinden" zusammengefasst. 

Zweite Person

Die Anwesenheit einer für die Kühe vertrauten Person wirkt immer beruhigend und macht die Besamung für Mensch und Tier sicherer – im Speziellen, wenn die Kuh sonst zur Seite ausweichen kann. 

Helfer steht neben der Kuh

Steht die Hilfsperson seitlich neben der Kuh, begrenzt sie deren Bewegungsfreiheit. Das Tier steht ruhiger. Der Besamer kann konzentrierter arbeiten.

Helfer steht am Kopf

Der Landwirt, der seine Kuh zusätzlich am Kopf hält, wirkt beruhigend. Hier sorgt er dafür, dass die Kuh mit den Hinterbeinen aus der Box tritt und der Besamerin die Arbeit erleichtert. 

Helfer hält den Kuhschwanz

Mit einem Schwanzschlag könnte die Kuh die Besamerin leicht am Kopf oder im Gesicht treffen. Bei einer Besamung, während der eine Hilfsperson deren Schwanz festhält, kann sie sicherer arbeiten. 

Helfer greift in Kniefalte

Nervöse Rinder oder unruhige Kühe kann die Hilfsperson zusätzlich fixieren, indem sie ihnen in die Kniefalte greift. Sie stehen dann ruhiger und können für einen Tritt schlechter ausholen.

Alleine besamen

Im Arbeitsalltag kommt es mittlerweile sehr häufig vor, dass der Besamungsdienst alleine am und mit dem Tier arbeiten muss.

Da man die Tiere in den meisten Fällen nicht kennt, weiss man nie mit welchem Gemüt man es zu tun hat… Einige Tricks können helfen, die persönliche Sicherheit der Besamerin/des Besamers zu verbessern.  

Und immer daran denken: Sicherheit geht vor!

Ruhig ansprechen

Dass eine fremde Person alleine an sie herantritt, ängstig viele Kühe. Wichtig ist daher, dass die erste Kontaktaufnahme mit der Kuh ruhig verläuft, und das Tier schon von weitem leise angesprochen wird. 

Zusätzlich anhalftern

Tiere, die zu viel Bewegungsfreiheit für eine sichere Besamung haben, können mit einem zusätzlichen Halfter noch einmal angebunden werden. Gut, wenn die Besamerin/ der Besamer eines bei sich hat!

Ein Seil spannen

Eine unruhige Kuh muss in einer Liegebox besamt werden? Ein Seil, das um die Trennbügel gebunden wird, fixiert sie von hinten. Sie muss stehen bleiben und kann nicht schlagen. 

Im Auge behalten

Alleine in einem Freilaufstall oder in einer Gruppenbucht zu arbeiten, heisst auch: Die anderen Kühe immer im Blick haben! Oft gefährden sie den Besamungsdienst stärker als die fixierte Kuh, wegen der er dort ist. 

Schutz vor Schlägen – Die Trittschutzschürze

Eine Trittschutzschürze beugt Schlagverletzungen vor. Sie bedeckt Oberkörper, Bauch und Beine. Besonders „sportliche“ Tiere erreichen allerdings mit ihren Füssen zum Teil Schulterhöhe. Deshalb bietet die Schürze keinen 100%igen Schutz.

Wichtig ist, dass der Tierbesitzer darauf hinweist, wenn es sich um ein „kitzliges“ Tier handelt. Nur so kann man sich adäquat vor Tritten schützen, indem man diese gepolsterte und verstärkte Schürze umbindet.

Muss der Besamungsdienst alleine arbeiten, hilft ein Warnhinweise auf dem Besamungsauftrags-Kleber: «Achtung, Tier schlägt!».

Praxis-Tipp

Besamungstechniker Arni erzählt eindrücklich von einem Beinahe-Unfall mit einer Mutterkuh:

"Ich hatte beim Besamen plötzlich den hinteren Klauen der Kuh auf der Schulter. Als ich mir hinterher meinen dreckverschmierten Hals wusch, wurde mir plötzlich klar, wie knapp das ausgegangen war… Seither geh ich zu Mutterkühen nur noch mit Schutzschürze. Auch wenn sie mich vor einen Schlag gegen den Hals im Extremfall nicht schützt, fühle ich mich mit ihr hinter halbwilden Tieren deutlich sicherer. Wenigstens sind Bauch und Brunstkorb geschützt".

Gepolstert und verstärkt

Die Schutzschürze ist vorne und seitlich durch Kunstoffeinlagen und Schaumstoffpolster verstärkt. Diese fangen etwaige Tritte ab.

Hinter dem Rücken

Die Schürze wird hinter dem Rücken verschlossen. Sie muss gut sitzen, aber noch genügend Bewegungsfreiheit zulassen.

Im Nacken

Ein Nackenband hält die Schürze in Position. Leider ist sie recht schwer und wird daher oft als unbequem empfunden.

Bei der Besamung

Die Schürze schützt vor Schlägen gegen die Beine und den Rumpf des/der Besamenden. 

Behandlungsstand

Vor allem in extensiv gehaltenen Herden (z.B. Mutterkuhherden), die den nahen Umgang mit dem Menschen nicht gewohnt sind, bringt ein stabiler Behandlungsstand sehr viel Sicherheit.

Meist geht es schneller eine scheue Kuh in den Stand zu nehmen als sie mit viel Aufwand zu fixieren - und dann doch nicht richtig…

Innovative Idee

Durch eine gelungene Idee hat ein Landwirt aus dem Emmental den Arbeitsschutz für den Besamungsdienst und seinen Tierarzt verbessert: Mit einem Schwenkbügel, der am Fanggitter montiert ist, kann er seine Mutterkühe leicht und sicher für eine Behandlung fixieren.

Praxis-Tipp

Besamungstechniker Jöhnu lobt die Einrichtung dieses Schwenkbügels er sagt:

„Einfach und zweckmässig hat der Landwirt hier zu unserem Schutz reagiert - und es funktioniert einwandfrei. Auch der Tierarzt hat von dieser Vorrichtung schon profitiert und konnte darin einmal einen Kaiserschnitt durchführen. Es wurde dazu einfach die linke Panell-Seite entfernt“.

Persönliche Sicherheitsausrüstung

Auf die Vorkehrungen des Betriebsleiters für eine sichere Besamung zu vertrauen ist gut, persönlich dafür zu sorgen ist besser!

Jede(r) BesamungstechnikerIn braucht deshalb eine persönliche Sicherheitsausrüstung, die immer dabei ist.

Sicherheitsstiefel

Gummistiefel brauchen unbedingt eine rutschfeste Sohle und Schutzkappen für die Zehen.

Trittschutzschürze

Die Schlagschürze gehört immer ins Besamerauto – und wenn man sie nur einmal im Jahr braucht!

Halfterseil

Bevor auf jedem Betrieb nach Halfter und Seil gesucht werden muss, hat man besser eines dabei.  

Autoausrüstung

Wer täglich viele Kilometer macht, braucht im Auto: Leuchtweste, Taschenlampe und im Winter Schneeketten.