Was die Herde sieht – die Augen der Kühe
Die Augen der Rinder ist ihrer Natur als Beutetier und an ein Leben im offenen Grasland angepasst. Deshalb funktionieren ihre Augen anders als unsere.
Sie nehmen viele Dinge unterschiedlich wahr.
Das macht es für uns schwierig, uns in (scheinbar störrische) Rinder und Kühe hinein zu versetzen – die vielleicht nur furchteinflössende Dinge sehen ?
Perspektive wechseln
Um entspannt mit unseren Rindern und Kühen zu arbeiten, braucht es ein Verständnis dafür, was sie wie sehen können.
Willst Du nachvollziehen, was ein (bockiges) Rind mit seinen Augen «Furchterregendes» entdeckt haben könnte, musst Du Dich auf seine Augenhöhe begeben – also meist die Knie etwas beugen. Sonst stimmt Deine Perspektive nicht.
Unsere Empfehlung:
Um "Kuhsicht" wirklich nachvollziehen zu können, entwickelt das Landwirtschaftliche Berufszentrum Echem (D) eine "Kuhbrille" auf Grundlage der Virtual Reality-Technologie. Was man sieht und fühlt, wenn man sich mit einer solchen "Kuhbrille" durch einen Stall bewegt, zeigt eine spannende Reportage des Norddeutschen Rundfunks vom 29.04.2019
Restlicht verstärkt
Rinder sehen im Dunkeln besser als wir. #
Denn Rinderaugen haben auf der Netzhaut im Auge einen Restlichtverstärker (das Tapetum lucidum), der in der Dunkelheit Licht reflektiert.
Deshalb leuchten ihre Augen weiss bis grünlich, wenn man sie bei Nacht mit einem Scheinwerfer anstrahlt oder mit Blitzlicht fotografiert.
Starke Kontraste
Eine Folge des guten Sehens bei Nacht ist aber die viel stärkere Wahrnehmung aller Hell-Dunkelkontraste. Rinder sehen sie viel deutlicher und sind dadurch auch viel schneller irritiert.
Gewöhnung (Adaption) dauert
Rinderaugen brauchen fünfmal so lange, bis sie sich an Dunkelheit gewöhnt haben, wie unsere. Daher sehen sie erst einmal nichts, wenn sie vom Hellen ins Dunkle oder umgekehrt laufen sollen.
Blau-grüner Lichtbereich
Im Stall erleichtert eine gleichmässige Beleuchtung die Arbeit mit und um die Kühe.
Eine Studie aus Deutschland empfiehlt hierfür insbesondere die Ausleuchtung mit LED-Technik. Denn Rinder sehen vor allem im blau-grünen Lichtbereich dieser Lampen.
Unsere Empfehlung:
Eine Übersicht über Lichtverhältnisse und Beleuchtungstechnik in Kuhställen bietet eine Veröffentlichung des LfL Bayern.
Dort wird auch die Bedeutung von Licht auf den Tag-Nacht-Rhythmus, das Wachstum, die Fruchtbarkeit und das Wohlbefinden der Tiere hingewiesen.
Abstand schätzen
Als Beutetiere, die eigentlich im offenen Grasland leben, müssen Kühe möglichst in die Weite sehen können.
Sie haben daher ein anderes Gesichtsfeld als Raubtiere.
Räumliches Sehen
Das räumliche Sehvermögen ist durch die seitlichen Augen schlecht.
Um räumlich zu sehen, müssen sich nämlich die Bilder beider Augen überschneiden. Das Sehzentrum im Gehirn setzt diese dann zu einem dreidimensionalen Bild zusammen. Dadurch lassen sich Entfernungen abschätzen. Man spricht von der binokularen Sicht (siehe Grafik - grünes Feld).
Den Kopf drehen
Nur für Dinge, die direkt vor ihnen sind, können Kühe den Abstand also richtig beurteilen.
Alles, was zu ihrer Seite ist, sehen sie dagegen so, wie wenn wir ein Auge zukneifen.
Es ist für die Kuh daher immer angenehmer, wenn Du von vorne auf sie zugehst. Sonst dreht sie den Kopf, um Dich besser sehen und taxieren zu können.
Bewegungen von hinten
Als Fluchttiere sollten Rinder Bewegungen gut sehen können, z.B. dass sich ein Raubtier anschleicht.
In ihrem hinteren Gesichtsfeld nehmen sie eigentlich nur Bewegungen wahr.
Praxis-Tipp für den täglichen Umgang:
- Rinder nicht in dunkle Löcher treiben: Für gute Beleuchtung sorgen.
- Lassen sich die Lichtverhältnisse nicht verbessern: Mit Geduld vom Hellen ins Dunkle oder vom Dunklen ins Helle treiben. Warten!
- Schatten irritieren: Unnötigen Schattenwurf entfernen.
- Die Perspektive des Rinds einnehmen: Erkennen können, was stören könnte.
- Toter Winkel hinten: Von vorne an Rinder herantreten.
- Keine hektischen Bewegungen.
Diese Informationen findest Du auch zum Download im Beratungsartikel 04/2016 Das sieht die Kuh