Die Gebärmutter der Kuh
Der anatomische Aufbau der Gebärmutter
Die Gebärmutter der Kuh ist anatomisch in drei Teile gegliedert.
Der Gebärmutterhals (Cervix uteri)
Zahlreiche knorpelige Spangen (Burdi-Ringe) greifen im Gebärmutterhals ineinander und verschliessen das Organ nach hinten.
Der Gebärmutterkörper (Corpus uteri)
Im Hohlraum direkt vor dem inneren Muttermund wird der Samen bei der KB abgesetzt. Der Körper der Gebärmutter geht auf jeder Seite in ein Horn über.
Zwei Gebärmutterhörner (Cornus uteri)
Die Hörner der Gebärmutter sind aufgerollt wie ein Widderhorn und haben - je nach Alter der Kuh - 2 bis 5 cm Durchmesser. An ihrer Spitze ist die Öffnung des Eileiters.
Die Schleimhaut der Gebärmutter – die Aufgaben des Endometriums
Die Gebärmutter ist ein „Hohlorgan“ – also im Querschnitt ein Rohr oder ein Schlauch.
Es ist innen jedoch nicht glatt, sondern mit einer sehr drüsigen, aufgefalteten Schleimhaut (Endometrium) ausgekleidet.
Je nachdem welche Hormone des Eierstocks auf die Gebärmutterschleimhaut wirken, ändert sich das Sekret, das die Schleimhautdrüsen bilden.
In der Brunst
Unter Östrogeneinfluss produzieren die Schleimhautdrüsen den glasklaren Brunstschleim.
Versäuberung
Der reinigende Effekt des Brunstschleims spielt auch bei der Rückbildung der Gebärmutter nach der Geburt eine grosse Rolle. Der Zyklus der Kuh sollte möglichst bald wieder anlaufen.
Was mit den Samenzellen im Inneren der Gebärmutter geschieht, schildert unser SPERMI in der 6. Folge der gleichnamigen Serie: Leistungstest im rechten Horn.
In der frühen Trächtigkeit
Unter Progesteroneinfluss produzieren die Schleimhautdrüsen einen fett- und eiweissreichen Nährschleim. Die „Uterinmilch“, die den frühen Embryo ernährt.
Hohes Progesteron
Je mehr Progesteron der Gelbkörper auf dem Eierstock bildet umso besser die Zusammensetzung der Uterinmilch - umso schneller entwickelt sich der Embryo. Bereits am 16. Tag nach der Befruchtung gibt es hierbei messbare Unterschiede.
Stabiler Stoffwechsel
Nur optimal gefütterte Kühe können ihre Embryonen richtig ernähren. Es gibt z.B. einen direkten Zusammenhang zwischen dem Harnstoffwert der Kuh mit dem Milieu in ihrer Gebärmutter und der Zusammensetzung des Nähschleims.
Mehr zum Einfluss von Progesteron auf die Sekretion der Uterinmilch und somit auf die Entwicklung des jungen Embryos, kannst Du im Beratungsartikel: Gelbkörper für neues Leben (Toro 02/2012) nachlesen.
Der 16. Trächtigkeits-Tag
Lebt der Embryo am 16. Trächtigkeits-Tag bildet er Interferon tau - das Zeichen für die Kuh, dass sie trächtig geworden ist.
Die Gebärmutter-Schleimhaut muss dieses Signal aber richtig verarbeiten – sonst rindert die Kuh um.
Prostaglandin
Das Interferon verhindert, dass die Gebärmutter-Schleimhaut Prostaglandin produziert und hält den Gelbkörper aktiv. Andernfalls schaltet das Prostaglandin den Gelbkörper ab und der nächste Zyklus startet.
Mehr zu den Interaktionen von Embryo und Gebärmutter-Schleimhaut vor, am und nach dem 16. Tag der Trächtigkeit kannst Du im Beratungsartikel (Toro 09/2015) „Kalb oder kein Kalb“ nachlesen.
Die Plazenta-Bildung
Nach rund 28 Tagen der Trächtigkeit beginnt die Ausbildung der Plazenta (Mutterkuchen), durch die der Foetus an den mütterlichen Blutkreislauf angebunden wird. Dieser Prozess ist kompliziert und braucht eine eng aufeinander abgestimmte Kommunikation zwischen Mutter und Kalb.
Unsere Empfehlung
Eine gute, wissenschaftliche Darstellung der Plazenta-Bildung von Rindern bietet die Internet-Seite zur Veterinärembryologie der Vetsuisse-Fakultät Bern.
Vor der Geburt
In den letzten Tagen der Trächtigkeit beginnen die Eihäute des Kalbs ihre Verbindung zur Gebärmutter-Schleimhaut wieder zu lockern und sich dort abzulösen. Das ist wichtig, damit die Nachgeburt später abgehen kann und die Kuh nicht krank wird.
Nach der Geburt
Auch wenn sich die Nachgeburt ohne Probleme abgelöst hat, bleiben die Narben der Rosen an der Gebärmutterschleimhaut lange bestehen. Erst wenn sie sich wieder vollständig zurückgebildet haben und die Schleimhaut regeneriert ist, kann die Kuh wieder tragend werden.
Meist sind die gesamten Organe bis dahin noch fühlbar vergrössert – und noch nicht wieder „unter der Hand versammelbar“.
In der Brunst
In der Brunst zieht sich die Muskulatur zusammen. Das Organ wird fest.
Man sagt: „Der Muskel-Tonus ist hoch“ oder „die Gebärmutter ist gespannt“. Die Spannung der Muskulatur ist ein wichtiges Indiz für die Stärke der Brunst.
Bei der Besamung von Kuh Hokkaido (furchtbar fruchtbar, Toro 04/2019) konnte der Auszubildende des Besamungsdienstes dieses Phänomen deutlich spüren.
Spermientransport
Die Muskelkontraktion während der Brunst drückt die Spermien, die im Brunstschleim hängen, in Richtung Eileiter. Das ist so effektiv, dass die ersten Samenzellen dort innerhalb weniger Minuten ankommen.
Abbluten
Der starke Blutfluss in der Gebärmutter führt dazu, dass dort dünne Haargefässe (Kapillaren) reissen können. Viele Kühe bluten deshalb ca. 1-2 Tage nach der Brunst ab.
Unter der Geburt
Unter der Geburt spielt die kräftige Muskulatur der Gebärmutter wieder eine grosse Rolle:
Sie muss voll funktionsfähig sein, damit sie mit deutlichen Wehen das Kalb, das Fruchtwasser und die Nachgeburt auspressen kann.
Nachwehen
Für den Abgang der Nachgeburt kontrahiert sich die Muskulatur zu den Nachwehen erneut. Eine gesunde Gebärmutter zieht sich dabei stark zusammen und verkleinert das Volumen. Ihre Oberfläche fühlt sich dadurch wellig an.
Versäuberung
Auch in den Tagen nach der Geburt zieht sich die Muskulatur weiter zusammen. Die Kuh zeigt einen rötlich-braunen Ausfluss: Die Reste von Nabelschnur-Blut, Fruchtwasser und Nachgeburtsfetzen.
Unsere Empfehlung
Wie die Wehen an der Gebärmuttermuskulatur (Myometrium) hormonell ausgelöst werden, kannst Du bei Interesse auf der Seite der Veterinärembryologie der Vetsuisse-Fakultät nachlesen.
Die Grösse der Gebärmutter
Die Grösse und Lage der Gebärmutter sagt viel über die gynäkologische Gesundheit der Kuh, den Status ihrer Trächtigkeit oder die erfolgte Rückbildung nach der Geburt aus.
In der Tiermedizin haben sich diese Beschreibungen der Grössenverhältnisse bewährt:
Aufhängeapparat
Egal wie gross das Organ ist: Die Gebärmutter ist „freischwebend“ mit zwei bindegewebigen Bändern (Ligamentum latum uteri - Mesometrium) an den Schaufeln des Beckenknochens fixiert.
In diesen Bändern verlaufen auch die (dicken) Blutgefässe, über denen das Organ und im Fall einer Trächtigkeit auch der Fötus versorgt wird.
In der Hochträchtigkeit
Im Laufe einer Trächtigkeit wird dieser Aufhängeapparat der Gebärmutter stark gedehnt, muss er doch kurz vor der Geburt des Kalbs rund 80 kg tragen.
Ein gutgefüllter Pansen, der an der linken Seite der Gebärmutter anliegt, dient dem riesigen Organ immer mehr als „Seitenstabilisator“. Fehlt diese Stabilisierung, z.B. durch eine schlechte Futteraufnahme, in der Hochträchtigkeit steigt die Gefahr eines Überwurfs.