Pansenmonitoring

Nur wenn der Pansen «rund läuft», kann die Kuh die gefressenen Futtermittel auch richtig verdauen und verwerten.

Der Pansen: Ein «grosser Sack»

Der Pansen fasst ca. 120 bis 150 Liter Volumen.

Er ist in verschiedene Kompartimente unterteilt.

Sein Inhalt ist im Normalzustand geschichtet:
Unten sammelt sich Flüssiges, darüber feste Futterbestandteile und ganz oben sitzt eine Blase aus Pansengas.

Pansenmikroben

Wer Kühe füttert, füttert eigentlich die Kleinstlebewesen, die den Pansen in unvorstellbarer Menge besiedeln.  

10 Milliarden pro Milliliter

In einem Milliliter Pansensaft hat es über 10 Milliarden Mikroorganismen (!).

1 mit 15 Nullen

In 100 Litern Pansensaft hat es also eine Billiarde Mikroorganismen (1.000.000.000.000.000 = 1015).

Bakterien sind die Wichtigsten

Etwa 50 verschiedene Arten von Bakterien sind die wichtigsten Mikroben. 

Hefen, Pilze, Protozoen

Aber auch unterschiedliche Hefen, Pilze und Protozoen (z.B. Wimperntierchen) leben im Pansen.

Fermentation der Futterfasern

Die Pansenmikroben setzen sich an die Futterteile, um diese zu fermentieren. 

Spezialisierung

Jeder Mikrobe hat seine spezielle Aufgabe in der Fermentation. Alle sind voneinander abhängig.

Eiweiss-Masse

Alle Mikroorganismen bestehen vorwiegend aus Eiweiss. Die Kuh verdaut sie in ihrem Dünndarm.

Schneller Lebenszyklus

Die Mikroben leben nur wenige Stunden und werden etwa zwei- bis dreimal pro Tag komplett erneuert.

Unsere Empfehlung

In diesem Video des bayerischen Rundfunks erklärt Prof. Windisch von der TU München-Weihenstephan die Funktion des Pansens (Video auf deutsch).

Möglichkeiten zur Kontrolle der Pansenfunktion

Um Schwachpunkte in der Fütterung und daraus folgend in der Pansenverdauung früh zu erkennen, ist das regelmässige Pansenmonitoring ein wichtiges Element.

Dabei geht es vor allem darum, bewusst hinzuschauen und sich in der täglichen Routine kurz die Zeit zu nehmen, um die Fütterungssignale anzuschauen und zu taxieren. 

Der Grad der Pansenfüllung

Der Pansen liegt auf der linken Seite der Kuh.

Er füllt die Bauchhöhle dort hinter dem Rippenbogen. Dabei liegt er direkt unter der Bauchwand. 

Der Füllungszustand des Pansens kann sehr gut anhand der Hungergrube an der linken Flanke der Kuh beurteilt werden. 

Futteraufnahme und Passagegeschwindigkeit

Der Füllungszustand des Pansens gibt Informationen über die Menge des Futterverzehrs und die Geschwindigkeit, mit der das gefressene Futter den Pansen durchläuft.

Kuhsignal Hungergrube

Welche Bedeutung hat eine «Hungergrube», wenn sie quasi dreieckig zwischen den Rippen, den Querfortsätzen der Wirbelsäule und dem Hüftbeinhöcker sichtbar ist?  

Pansennoten

Die Pansenfüllung lässt sich in ein Notensystem von 1 (tief eingefallene Hungergrube – s. Bild Kuhsignal) bis 5 (vollgefressener Pansen – s. Bild) einteilen. Es stammt aus den Niederlanden.

Der pH-Wert des Pansensaftes

Bei einer gesunden Kuh bewegt sich der ph-Wert im Pansen sich zwischen pH 6,2 und pH 7,2. 

Das Absinken des Pansen-pH…

Sinkt der pH-Wert längere Zeit unter pH 6,2, ändert sich das Milieu im Pansen. Viele Mikroorganismen sterben ab oder stellen ihren Stoffwechsel um. 

….und seine Folgen:

Das bremst die Pansenaktivität. Der Inhalt wird nicht mehr ausreichend durchmischt, die Futterkomponenten nicht aufgeschlossen. 

Unverdaute Komponenten

Ist die Pansenflora abgestorben, verlässt viel Futter den Pansen, ohne dass es verdaut wurde. Die Stoffumsetzung der Kuh ist also massiv gestört. Häufig resultiert daraus eine Ketose.

Unsere Empfehlung

Eine Tierarztpraxis aus Norddeutschland hat ein eindrückliches Video erstellt

Dort stellen sie die Aktivität der Pansenmikroben in Bezug zu unterschiedlichen Rationen.

Folgen tiefer Pansen-pH für die Tiergesundheit

Schleimhautentzündung

Ein saures Milieu im Pansen greift darüber hinaus auch dessen Schleimhaut an und führt zu Entzündungen.

Längerfristig können sich sogar blutige Magengeschwüre (s. Bild) bilden. 

Folgeschäden

Die absterbenden Pansenbakterien setzen zudem Enterotoxine (Leichengifte) frei, die zu

  • Leberschäden,
  • Klauenrehe
  • Nasenausfluss

führen. 

Kontrolle Panse-pH-Wert: Kuhsignale für einen übersäuerten Pansen

Folgen tiefer Pansen-pH für die Milchinhaltstoffe

Wenn essigsäurebildenden Pansenbakterien Rohfaser (Cellulose) verdauen, entsteht Essigsäure.

Im Euter wird das Milchfett aus dieser Essigsäure synthetisiert.

Je mehr Essigsäure vorhanden ist, umso höher steigt der Fettgehalt. Er spiegelt also die Rohfaserverdauung im Pansen wider.  

Deshalb: Kontrolle des Fettgehalts

Deshalb ist die Kontrolle des Milchfettgehalts und des Fett-Eiweiss-Verhältnisses eine indirekte Methode, die Funktion des Pansens zu überwachen.

Folgen tiefer Pansen-pH für die Fruchtbarkeit

Die Essigsäure aus dem Pansen ist ein Ausgangsstoff für die Synthese des Brunsthormons Östrogen. 

Eine gute Rohfaserverdauung im Pansen ist eine wichtige Grundlage für eine deutliche Brunst der Kuh.

Daher hat eine verschlechterte Pansenfunktion auch Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit. 

Folge: Stille Brunst

Kontrolle Pansen-pH-Wert: Wiederkauverhalten

Wichtig für einen stabilen Pansen-pH-Wert ist die Abpufferung der freien Fettsäuren, die bei der Fermentation der Futterkomponenten entstehen.

Diese wird bei der gesunden Kuh über eine ausreichende Speichelbildung während des Wiederkäuens sichergestellt. 

Wiederkauschläge pro Bissen

Die Wiederkautätigkeit der Kuh ist ein Zeichen dafür, ob sie genügend Speichel produziert.

Ausserhalb der Fütterungszeiten sollten deshalb immer mindestens ²/³ der Kühe einer Herde wiederkauen und dies mit wenigstens 55–60 Kauschlägen pro wiedergekauten Bissen.

Technische Erfassung des Wiederkauverhaltens

Mit Sensoren, die Bewegungen im Dreidimensionalen erkennen, aufzeichnen und auswerten, gelingt es neben der Brunsterkennung auch das Wiederkauverhalten einer Kuh smart zu erfassen.

Die Sensoren sind als Halsbänder oder in Ohrmarken erhältlich.

Überwachung Fressverhalten

Durch die erhobenen Daten kann eine Aussage zum Fress- und Wiederkauverhalten gemacht werden, was in engem Verhältnis zur Tiergesundheit steht: Kranke Kühe fressen und käuen nicht. 

Futteraufnahme sinkt

Eine Brunst oder eine akute Erkrankungen zeigen sich in einer schlagartigen Reduktion der Futteraufnahme (türkise Linie) und der Wiederkautätigkeit (violette Linie).

Änderungen in der Fütterung

Chronischen Störungen oder auch eine Futterumstellung (Pfeil) spiegeln sich dagegen in einer schrittweisen Reduktion der Futteraufnahme (türkis) und des Wiederkauens (violett).

Schneller Alarm

Solche Überwachungssysteme erkennen kranke Tiere oder Fehler in der Fütterung also schnell und geben Dir einen Alarm.  
Dann braucht es aber natürlich auch eine Reaktion!

Kontrolle Pansen-pH-Wert: Pansengeräusche

Das Abhören der Pansengeräusche mit einem Stethoskop ist gegen die neuen technischen Möglichkeiten eher «old school».

Die Aussage über die Qualität der Pansenfunktion bleibt damit dieselbe.

Nur die Befunderhebung ist viel zeitaufwändiger...

Kontrolle Panen-pH-Wert: Direkte Messung im Pansensaft

Entnahme per Sonde

Zur Messung des pH-Wertes kann der Tierarzt/ die Tierärztin mit einer Sonde über Maul und Speiseröhre eine Probe direkt aus dem Pansen ziehen.

Dabei besteht allerdings die Gefahr, dass die Probe mit alkalischem, bikarbonathaltigem Speichel verunreinigt wird. Dieser verfälscht den pH-Wert nach oben.  

Elektronische Überwachung

Heute kann auch der Pansen-pH-Wert kontinuierlich elektronisch gemessen werden.

Dazu wird den Tieren ein batteriebetriebener Messbolus in den Pansen gelegt. Er erfasst dort die Körpertemperatur, das Trinkverhalten und die Bewegungsdaten der Kühe.

Die Kotbeschaffenheit

Der Kot der Kuh ist das Spiegelbild ihrer Fütterung. Farbe, Beschaffenheit und Konsistenz geben weitere Auskunft, ob die gefütterte Ration ausgeglichen ist - und ob sie so gefressen und verdaut wird, wie sie berechnet wurde. Sie verändern sich ca. 12 – 24 Stunden nach einer Futterumstellung.

Kontrolle der Kotbeschaffenheit: Farbe

Olivgrün

Die normale Farbe des Rinderkots bei unseren gewöhnlich stark grashaltigen Rationen (Grünfutter, Silage oder Heu/Emd) ist braunolivgrün. 

Dunkelgrün

Je dunkler die Farbe, desto stärker deutet dies auf eine Eiweissüberversorgung oder auch einen hohen Verschmutzungsgrad (Rohaschegehalt) des Futters hin.

Hellbraun

Bei Maissilage-betonter Ration ist die zu erwartende Farbe hellbraun-gelblich. 

Schwarz

Schwarzen, teerartigen Kot haben Tiere mit blutenden Magen-Darm-(Labmagen- !)Geschwüren. Diese Tiere zeigen ein deutlich gestörtes Allgemeinbefinden.

Kontrolle der Kotbeschaffenheit: Frische Konsistenz

Die anzustrebende Kotkonsistenz (Verhältnis Feststoffe zum Wasseranteil) bei laktierenden Kühen wird in der Literatur als «mittelbreiig» oder «haferbreiähnlich» beschrieben. 

Breiiger Kot

Der Kot sollte auf dem Boden einen suppentellergrossen Fladen bilden. Beim Absetzen bilden sich Ringe.

Dünnerer Kot

Dünnflüssigerer Kot kann von einer hohen Wasseraufnahme oder gestörten Verdauungsvorgängen kommen. 

Kuhsignal: Verspritzte Kühe

Oft sieht man der Kuh von weitem an, dass sie an Durchfall leidet:

Sie ist schmutzig und hat Kotstreifen auf dem Rücken, die sie mit ihrem schmutzigen Schwanz dort verteilt hat.

Auch Spritzer bis zum Sprunggelenk hinauf sind Anhaltspunkte für eine dünne Kotkonsistenz. 

Als Ursache für den Durchfall kommen in Frage:

Hoher Wassergehalt

Fressen die Kühe Futter mit hohem Wassergehalt, z.B. nasses Gras bei Regen, wird auch der Kot wässriger. 

Unverdaute Substanzen

Unverdauliche oder unverdaute Substanzen, ziehen Wasser aus der Darmschleimhaut und die Kuh bekommt Durchfall. 

Überschuss in der Ration

Ursächliche Probleme können aber auch Protein- oder Stärkeüberschuss (zu viel Kraftfutter), zu wenig Rohfaser, zu wenig Struktur, zu hoher Mineralstoffgehalt in der Ration sein.

Toxine im Futter

Mit Dreck, Bakterien- oder Schimmelpilztgiften belastetes -sprich verdorbenes, verunreinigtes- Futter führt zu Verdauungsstörungen und Durchfall.

Parasitenbefall

Darmparasiten führen zu Durchfall mit unterschiedlicher Intensität. Eine parasitologische Diagnostik sollte daher bei gehäuftem Auftreten in der Herde immer in Betracht gezogen werden.  

Darminfektionen

Verschiedene bakterielle (z.B. Salmonellose, Para-Tbc …) oder virale (z.B. Mucosal disease) Durchfallerreger unterliegen dem Tierseuchenrecht und müssen abgeklärt werden. 

Eingedickter Kot

Galtkühe oder trächtige Rinder haben häufig eine solche trockene Kotkonsistenz.

Lässt er sich nicht durch eine sehr rohfaserreiche Ration erklären, ist er ein Alarmzeichen, das unbedingt beachtet werden muss!

Rohfaserreiche Ration

Eingedickter, trockener Kot kann auf eine sehr rohfaserreiche Ration evtl. mit einem Mangel an pansenlöslichem Eiweiss und/oder Stärke hinweisen.

Schlechte Wasserversorgung

Sehr trockener Kot (vergleichbar mit Pferdeäpfeln) spricht für eine mangelhafte Wasserversorgung. Sie muss dringend behoben werden.

Beginnendes Milchfieber

Bei frischgekalbten Kühen ist ein abgetrockneter Kothaufen ein Alarmzeichen für beginnendes Milchfieber! Der akute Kalziummangel verlangsamt die Darmbewegungen sofort und der Kot trocknet ein.  

Kontrolle der Kotbeschaffenheit: Stiefelprobe

Breiiger Kot bleibt an der Spitze des Gummistiefels kleben.

Dünnflüssiger oder eingedickter Kot klebt dagegen nicht:
Er fliesst oder fällt dort ab.

Kontrolle der Kotbeschaffenheit: Kotsiebung

Sind Futterreste im Kot? Dann steckt ein schlechter Aufschluss der Futtermittel im Pansen dahinter.

Die Verdaulichkeit der Ration kann über die Beurteilung der Futterreste im Kot abgeschätzt werden.

Allerdings ist zu beachten, dass keine Ration zu 100% verdaut wird.
Es finden sich immer einige wenige unverdaute Komponenten.
Es geht also um die Menge.

Kot im Sieb auswaschen

Zur Beurteilung fängst Du eine gute Handvoll frisch abgesetzten Kots in einem Küchensieb auf und wäschst ihn mit Wasser so lange aus, bis das ablaufende Wasser klar bleibt. 

Den Rest beurteilen

Im zurückbleibenden Rest beurteilst Du die Faserlänge, den Aufschluss der Fasern und den Verdauungsgrad von Mais und Getreidekörnern (Schrot). 

Möglichst homogene Masse

Die Futterkomponenten sollten vollständig aufgeschlossen, filzig sein und eine homogene Länge von 7–10mm aufweisen.

Rückschluss auf Fermentation

Finden sich viele längere Faserstücke als 1,5 cm und viele ganze Getreide- bzw. Maiskörner im Kot, stimmt die Fermentation im Pansen nicht. 

Unverdaute Bestandteile bewerten

Bestandteile, die nicht verdaut sind, waren

  • nicht verdaubar (z.B. unzureichend angeschlagene Maiskörner, deren Wachsschicht von den Pansenbakterien nicht «geknackt» werden können)
  • zu kurze Zeit im Pansen, um verdaut zu werden - sprich der Pansendurchfluss ist zu schnell
  • in einem Pansen, mit nur wenigen lebenden Mikroben, die es nicht schafften, die Futtermittel entsprechend aufzuschliessen