Die Herde betreuen – Arbeitssicherheit
Viele landwirtschaftliche Unfälle passieren in der Tierhaltung. 15 – 20 % aller Unfälle in der Landwirtschaft werden direkt durch ein Tier verursacht, so schätzt die BUL (Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft) – wobei sie alle Tierarten in diesen Angaben berücksichtigt.
In Deutschland nennt die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft in einer Broschüre zur Rinderhaltung eine Grösse von etwa jedem achten Unfall, der mit Rindern und Kühen zusammenhängt.
Melken kann gefährlich sein
Viele Unfälle mit Rindern haben schwere, zum Teil tödliche, Folgen. Meist ist der Betriebsleiter selbst betroffen. Am häufigsten passieren sie beim Melken (35%), beim Anbinden der Tiere oder beim Füttern.
Unfallträchtig sind aber auch besondere, für die Kühe nicht-alltägliche Aktionen, die ihren gewohnten Ablauf verändern.
Nachlässigkeit führt hier oft zu besonders schweren Unfällen.
Sicheres Besamen
Auch beim Besamen sind schon viele Unfälle passiert – vorrangig sind Schlagverletzungen durch Tritte. Hinter dem Tier steht man einfach völlig ungeschützt in dieser Gefahrenzone.
Weitere Informationen zur Arbeitssicherheit speziell bei der Besamung.
Klare Körpersprache
Oft passieren Unglücke, weil im Eifer des Gefechts vergessen geht, wie Rinder welche Sinneseindrücke wahrnehmen und wie sie sich als Flucht- und Herdentier instinktiv verhalten. Die Körpersprache der Tiere wird falsch interpretiert. Dabei kommunizieren Kühe klar und deutlich: Die Haltung und Bewegungen des Kopfs, der Beine und des Schwanzes drücken Drohungen, Dominanz oder Unterlegenheit aus.
Lies mehr dazu auch im Kuhsignal „Machtspiel oder Zärtlichkeit“
Das Distanzverhalten
Der rangniederen Kuh ist geboten, von der Ranghöheren auf Abstand zu bleiben. Sonst interpretiert diese das als aggressives Verhalten und weist sie zurecht. Die Distanz, die toleriert wird, beträgt zwischen einem halben und drei Metern.
Wenn beengte Stallverhältnisse sie nicht zulassen, häufen sich Aggressionen und Kämpfe in der Herde. Diese Distanz wird freiwillig nur zur sozialen Körperpflege unterschritten, bei der sich Tiere mit ähnlichem Rang am Kopf oder am Hals freundschaftlich belecken.
Verschiedene Zonen
Im Distanzverhalten zum Menschen zeigen die Tiere unterschiedliche Zonen:
- Die Wahrnehmungszone: Du betrittst diese zuerst, wenn Du auf ein Rind zugehst – Es wird aufmerksam und neugierig auf dich.
- Die Bewegungszone: Gehst du weiter auf das Tier zu, wendet es sich ab und flieht sobald Du diese Zone erreichst.
Je nachdem wie zahm ein Tier ist, sind seine Wahrnehmungs- und die Bewegungszone unterschiedlich gross.
Stressfreies Treiben
Das Bedürfnis nach Distanz und das Ausweichen in der Bewegungszone macht sich die amerikanische Methode des «Low Stress Stockmanship» zunutze.
Mit ihr kannst Du Rinder stressfrei in eine bestimmte Richtung treiben.
Je nachdem aus welcher Richtung Du in die Bewegungszone der Kuh eintrittst (blaue Pfeile), reagiert sie (rote Pfeile) unterschiedlich. Am Balance Punkt auf ihrer Schulterhöhe (grüne Linie) wechselt die Richtung nach der sie ausweichen wird.
Mehr zu Körpersprache, Rangordnung und Distanzverhalten findest Du im Beratungsartikel „Eine Kuh sagt mehr als Muh“ (Toro 03/2018)
Stress vermeiden
Der wichtigste Punkt zur Unfallverhütung: Stress vermeiden !
Gestresste Tiere handeln nur noch instinktiv und versuchen sich zu verteidigen – sie schlagen und treten.
Schmerzen werden für sie nebensächlich: Denn in der Panik erleben Rinder ihre Angst schlimmer als physischen Schmerz.
Gutes Gedächtnis
Rinder merken sich unangenehme Erfahrungen ausgesprochen gut. Wiederkehrende Ereignisse müssen daher möglichst in guter Erinnerung sein. Das erste Melken einer Jungkuh ist ein solches Beispiel, das nicht in einem Fiasko enden darf!
Unsere Empfehlung
Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL hat eine lesenswerte Broschüre zum Verhalten und den Umgang mit Rindern herausgegeben, die zum Download zur Verfügung steht.