Der Nabel des Neugeborenen

Der Nabel des Kalbs ist zunächst eine feuchte Wunde. Die anatomischen Gegebenheiten machen den Nabel zu einem Risiko für die gesunde Entwicklung des Neugeborenen.

Eine saubere Umgebung, die richtige Versorgung des entstandenen Nabelstumpfes und das frühzeitige Erkennen von Veränderungen sind ab jetzt entscheidende Grundsteine für eine erfolgreiche Aufzucht.

Heilt der Nabel richtig ab?

Fünf Strukturen

Die Nabelschnur des Fötus ist kein einfacher Schlauch. Sie wird von zwei Nabelvenen, zwei Nabelarterien und dem Urachus, dem embryonalen Harngang, gebildet. Diese sind durch eine gallertartige Masse und lockeres Bindegewebe miteinander verklebt und gemeinsam von einer Haut, der Nabelscheide, umhüllt. So entsteht der Eindruck, es handele sich nur um eine einzige Struktur: Der Nabelschnur.

Kurze Nabelschnur

Während der Hoch-Trächtigkeit ist die Nabelschnur eines Kalbs ca. 35 cm lang – gemessen von der Durchtrittsstelle an der Bauchwand des Fötus bis zu den ersten Rosen der Eihäute. Sie ist damit relativ kurz – wenn man sie mit anderen Tierarten vergleicht.

Verbindung zum mütterlichen Kreislauf

In den Rosen der Eihäute, die in den Gegenstücken der Gebärmutterschleimhaut fest verzahnt sind, haben die fetalen Blutgefässe einen Anschluss an den mütterlichen Blutkreislauf. Hier diffundieren Sauerstoff und Nährstoffe aus dem mütterlichen ins fetale Blut. Abfallstoffe wie CO2 werden hier an die Mutter zurückgegeben.

Anatomische Verhältnisse und Funktion der Nabelgefässe

Die Nabelvenen versorgen das Kalb mit Sauerstoff und Nährstoffe, die aus dem Blut seiner Mutter in den Rosen der Eihäute übergetreten waren. Die Stoffwechselprodukte (z.B. CO2) fliessen über die Nabelarterien wieder an sie zurück. 

Unsere Empfehlung

Eine detaillierte Beschreibung der Anatomie des Nabels bietet die österreichische Webseite vetinfo.at von Dr. F. Kritzinger.

Struktur in der Nabelschnur

Funktion beim Fötus

Nabelvenen (verschmelzen in der Bauchhöhle des Kalbs zu einem einzigen Blutgefäss V. umibilicalis)

Transport sauer- und nährstoffreiches Blut von den Rosen der Eihäute direkt zur Leber des Kalbs

Nabelarterien

Abtransport der Abfallprodukte von der hinteren Baucharterie, entlang der Harnblase des Kalbs, zurück zu den Rosen der Eihäute

Urachus (embryonaler Harngang)

Abfluss des Urins des Kalbs aus seiner Harnblase in die Schleimblase der Eihäute.

Sichere Versorgung

In der Regel ist das Kalb auch unter der Geburt über den Nabel sicher versorgt, solange sein Schultergürtel noch nicht sichtbar ist. 

Das Reissen der Nabelschnur

Durch die Spannung, die während der Geburt auf die Nabelschnur wirkt, reisst sie spätestens, wenn das Kalb ins Freie gleitet. Manchmal reisst sie schon, während das Kalb noch im Geburtskanal liegt. 

Leichte Blutung

Der Nabel hat „Sollbruchstellen“, an der die Gefässe und die Nabelscheide auseinander gehen. Wenn sich die Blutgefässe in Nabelstumpf entleeren, blutet es leicht.

Der Nabel sollte nicht manuell durchtrennt werden, denn er reisst dann häufig zu kurz. 

Feuchter Nabelstumpf

Es bleibt ein Rest (Nabelstumpf) der Nabelscheide ausserhalb der Bauchwand des Kalbs hängen. In der Regel ist er ein bis eineinhalb Handbreiten lang – manchmal aber reisst er auch länger oder kürzer, z.B. direkt an der Bauchwand des Kalbs.

Erster Atemzug

Bis jetzt wurde das Kalb über die Gefässe der Nabelschnur versorgt. Durch den Riss der Nabelschnur unterbricht diese Versorgung.

Der entstehende Sauerstoffmangel regt das Atemzentrum im Gehirn des Kalbs an. Sein erster Atemzug erfolgt. Seine Lungen übernehmen ab jetzt die Sauerstoffversorgung des Körpers.

Nach der Geburt

Was passiert mit den Blutgefässen und dem Urachus nach dem Reissen der Nabelschnur?

Sie dichten den Nabelring ab (Venen) oder ziehen sich weit in die Bauchhöhle des Kalbs zurück (Arterien und Urachus).

Die Blutgefässe müssen sich so fest zusammenziehen, dass kein Blut mehr durchtreten kann.

Struktur in der Nabelschnur

Nach dem Reissen der Nabelschnur

Nabelvenen (verschmelzen in der Bauchhöhle des Kalbs zu einem einzigen Blutgefäss V. umibilicalis)

Die zerrissenen Nabelvenen sind an ihren Enden zerfasert:

- ca. 2 cm langer Stumpf im äusserlich sichtbaren Nabel

- Abdichten des Nabelring dort gegen aussen.

- Verschluss durch geronnenes Blut und die Muskelschicht der Gefässwand, die sich zusammenzieht.

- Vernarbung und Verwachsen mit dem Hautnabel.

- Erhalt beim erwachsenen Tier als bindegewebiges Band von der Leber zum Nabel.

 

Nabelarterien

Die Muskulatur der gerissenen Nabelarterien zieht sich sofort zusammen:

- Verschluss der Arterien

- Rückzug der beiden Arterien und des mit ihnen verklebten Urachus weit in die Bauchhöhle des Kalbs hinein.

 

Urachus (embryonaler Harngang)

Der Urachus verliert seine Funktion schon in den letzten Tagen vor der Geburt:

- Verbleib einer kleinen Öffnung (ca. 5 mm) an der Harnblase, die sich nach und nach schliesst und vernarbt.

- Verschluss in Richtung Nabelschnur bereits bei der Geburt

 

Hygiene ist wichtig

Die richtige Nabelhygiene beginnt mit einer sauberen Geburt. Denn ein frischer Nabel sollte möglichst nicht mit Schmutz in Kontakt kommen. Das begünstigt Entzündungen.

Saubere Abkalbebox

Eine ausgemistete, frischeingestreute Abkalbebox ist die erste Massnahme für eine gute Nabelgesundheit. 

Frische Kälberbox

Der Nabel kommt mit der Umwelt in Kontakt, sobald das Kalb liegt. Eine saubere Kälberbox oder -Iglu ist hygienisch.

Frühzeitige Biestmilchgabe

Auch für den gesunden Nabel ist die frühzeitige, ausreichende Versorgung mit Biestmilch entscheidend. 

Klebrige Wunde

Der Nabelstumpf bleibt bis ca. zum vierten Lebenstag noch feucht und klebrig. Er ist eine Wunde, die in den ersten Lebenstagen des Kalbs abheilt. Geronnenes Blut und die feuchte Haut bieten Umweltkeimen optimalen Nährboden. 

Das sollte nicht passieren

Keine Geburt im Laufgang

Eine Geburt im Schmutz bereitet Nabelentzündungen den Weg. Sie passieren ausversehen, wenn die kalbende Kuh zu spät umgestallt wird. Die Regel sollten sie aber nicht sein!

Kein Sägemehl in der Box

Sägemehl oder kurzgehäckseltes Stroh bleibt am frischen Nabel des Kalbs kleben. Es eignet sich deshalb nicht als Einstreumaterial von Abkalbe- oder Kälberboxen.

Kein Abbinden des Nabels

Das Abbinden des Nabels mit einer Schnur o.ä. ist unnötig und sollte unterbleiben. Es ist eine Quelle für Entzündungserreger.

Den Nabel desinfizieren?

Soll der Nabelstumpf desinfiziert werden? An dieser Frage scheiden sich die Geister.

Manche Betriebe desinfizieren ihn standardisiert. Wobei das verwendete Mittel auf keinen Fall zu scharf sein darf - maximal eine verdünnte Jodlösung.

Andere Experten raten auf eine Desinfektion des Nabels bei vitalen Kälbern in hygienischer Umgebung zu verzichten, um Reizungen zu vermeiden und den natürlichen Heilungsvorgang nicht zu stören

Abheilender Nabel

Der Nabelring in der Bauchwand des Kalbs zieht sich normalerweise gleich nach der Geburt zusammen.

Es bildet sich dort Bindegewebe, so dass innerhalb weniger Tage der Nabel verschlossen ist. Narbengewebe füllt ihn schliesslich aus.  

Beim gesunden Kalb trocknet der äusserliche Nabelstumpf nach und nach aus und schrumpfelt zusammen.

Nach etwa 14 Tagen fällt er ab.