Wasser, Tränken, Trinken

«Wasser ist Leben» (A. de Saint-Exupéry).

Dieser Satz, der zunächst so philosophisch klingt, hat in der Biologie grosse Bedeutung. Denn alle chemischen Prozesse laufen mit wässrigen Lösungen.

Sie transportieren sämtliche Nährstoffe, Elektrolyte etc.. 

Jede Kuh braucht Wasser

Für ihre Futteraufnahme

Für ihre Pansenfüllung

Für ihre Verdauung

Für ihren Stoffwechsel

Für ihre Ausscheidung

Für ihre Milchbildung

Für ihre Wärmeregulation

Grosse Mengen Wasser

Durstige Kühe können enorme Wassermengen trinken

18–25 Liter in der Minute

1x Trinken dauert ca. ½ Minute

5–26 Mal am Wassertrog pro Tag

150 Liter an heissen Tagen

Trinken durch Saugen

Wassermangel wird oft unterschätzt

Eine ungenügende Wasserversorgung schlägt sich sehr rasch in schleichenden Gesundheits- oder Fruchtbarkeitsproblemen nieder. 

Trockener Kot ist ein absolutes Alarmzeichen!

Durst verursacht ausserdem Stress und Unwohlsein – Wassermangel hat daher auch einen tierschutzrelevanten Aspekt.

Checkliste Wassermangel

Unsere Checkliste fasst die kritischen Punkte zusammen, die in einer schlechten Wasserversorgung enden können.

Problemkreis Wasserqualität

Für Tränkewasser gibt es momentan keine vergleichbaren rechtlichen Anforderungen wie für menschliches Trinkwasser.

Dennoch gibt es sowohl physikalische (z.B. pH-Wert), chemische als auch biologische Parameter, die das Wasser in Tränken erfüllen sollte.

Physiko-chemische Qualität des Wassers

Probleme macht zum Beispiel ein hoher Eisengehalt, der zu Ausfällungen und damit zu sekundärem Mangel verschiedener Spurenelemente führt.
Eisenhaltiges Wasser schmeckt vor allem auch unangenehm.

Der Fall von Kuh «Auster» aus dem Toro 06/2019 zeigte die daraus folgenden Konsequenzen. 

Hygienische Qualität des Wassers

Problematische Belastung mit Organismen (Parasiten, Pilze, Bakterien und Viren) entstehen vor allem durch krankmachende Keime (Durchfallkeime wie E.Coli, Salmonellen, Shigellen, Campylobacter etc.).

Diese können aus der Tierumgebung, z.B. aus dem Stallstaub, Vogelkot stammen oder durch Oberflächenwasser ins System eingetragen werden.

Gesundheitliche Folgen mangelhafter Wasserqualität

Eine bedenkliche Wasserqualität zieht oft direkte Probleme mit der Tiergesundheit nach sich.

Entweder durch die krankmachenden Keimen im Wasser selbst oder durch die Belastungen der Leber, die mit Entgiftungsarbeiten beschäftigt ist.

Bei Herdenproblemen aller Art empfiehlt es sich deshalb eine Wasserbeprobung und -analyse einzuleiten!

Infektionen

Oft ergibt sich mit einer geeigneten Wasseraufbereitung eine Verbesserung der Situation. (z.B. Reinigung des gesamten Leitungssystems, Einbau von Filtern, Dekontamination mit UV-Licht, Zudosieren z.B. von Peressigsäure).

Unsere Empfehlung

Hier kannst Du die empfohlenen Grenzwerte für Tränkewasser nachlesen (auf deutsch). Denn anders als beim Trinkwasser für Menschen gibt es hier keine gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte – nur Empfehlungen.

Eigenwasser

Vor allem in abgelegenen Ställen, Weiden und Alpen erfolgt die Wasserversorgung oft über Brunnen, Bäche oder andere Gewässer.
Dieses Wasser kann stärker mit Keimen oder anderen schädlichen Stoffen belastet sein als Trinkwasser aus dem öffentlichen Netz. Eine Kontrolle der Wasserqualität mindestens alle fünf Jahre wird daher empfohlen.

Technische Folgen mangelhafter Wasserqualität

Stark eisen- oder kalziumhaltiges (hartes) Wasser kann Ventile oder Schwimmer an den Tränkesystemen schädigen.

Denn chemische Verbindungen sind oft die Ursache von Verstopfungen.

Kennt man diese Voraussetzungen des Wassers im Betrieb, kann man die Funktionsfähigkeit der Tränken bewusst im Auge behandeln und entsprechend handeln.

Grobsinnliche Prüfung des Wassers

Zur schnellen Beurteilung kann das Wasser aus einer ungereinigten Tränke in ein Glas abgefüllt werden. So lassen sich Schwebstoffe und andere Verfärbungen schnell erkennen.

Würdest Du das Wasser Deiner Kühe aus der Tränke selbst trinken?

Wer die Frage mit «nein» oder «vielleicht» beantwortet, muss mindestens zur Bürste greifen und die Tränke sauber schrubben – und über weitreichendere Massnahmen nachdenken….

Unsere Empfehlung

In diesem Video erklärt Landwirt Helmut aus Norddeutschland wie er seine Tränken sauber macht (auf deutsch).

Biofilm

Wasserqualität lässt nicht immer mit blossem Auge erkennen – manchmal aber fühlen:

Eine Schleimschicht in Leitungen oder Tränken ist ein Hinweis darauf, dass dort ein Biofilm entstanden ist. 

Keimbelastung

Keime, die sich im Wasser festsetzen konnten, und die von ihnen gebildeten Giftstoffe belasten die Tiere ständig.
Ausserdem trinken Kühe aus solchen Tränken nicht mehr ausreichende Mengen. 

Verschmutztes Wasser

Für Keimwachstum besonders kritisch sind grosse Tränken mit offener Wasserfläche – besonders im Sommer.
Denn hier kann sich Schmutz leicht sammeln. 

Weidebrunnen

Auch auf der Weide gehört die regelmässige Brunnenkontrolle und -reinigung dazu.
Wichtig ist, dass das Wasser zum Putzen vollständig abgelassen werden kann.

Abgestandenes Wasser

Für eine gute Wasserqualität braucht es einen hohen Wasserdurchsatz in den Leitungen und in den Tränken.
Ein zu grosszügiges Wasserangebot senkt den Durchlauf in den Tränken.

Tränken für gesunde Tiere – Was ist zu beachten?

Tränken an freien Gewässern

Zur Weidetränke wird ein fliessendes (Quelle, Bach, Fluss) oder ein stehendes Gewässer (See, Tümpel) genutzt.

Offene Trogtränken

Offene Brunnen mit Überlauf, Wannen oder Trogtränken mit Schwimmerventil werden von Kühen besonders gerne angenommen. 

Da das Wasser von selbst nachläuft, können alle Tiere dort ungehindert trinken. 

Praxis-Tipp

Berater Samuel gibt zu bedenken:

Grosszügige Tränken muss man häufig reinigen! Dabei muss unbedingt auch an den schlecht zugänglichen Stellen hinter dem Schwimmer geputzt werden.
Tröge und Brunnen brauchen unbedingt eine Kippfunktion oder einen Ablass - sonst muss man das schmutzige Wasser mit dem Eimer herausschöpfen.
Achtung in Tiefstreuboxen: Die stehen schnell mal unter Wasser, wenn dort ein grosser Trog gereinigt werden muss. 

Tränken mit Funktionsventil

Es sind unterschiedliche Tränkesysteme auf dem Markt, deren Ventil aktiv von den durstigen Tieren bedient werden müssen: 

Zungentränkebecken, Klappentränken oder Tränken mit Rohrventil (s. Bild).

Praxis-Tipp

Samuel weiss:

Nicht jedes Tier versteht sofort, wie solche Tränken funktionieren. Manche brauchen Unterstützung, bis sie die Funktion erlernt haben. Das wird zum Problem, wenn zum Beispiel in der Abkalbebox ein anderes System installiert ist als im Rest des Stalls. Für Tiere mit Nasenringen (z.B. Natursprungstiere) sind solche Tränken nicht geeinget.

Tränken ohne Wasseranschluss

Manche Tränken besitzen keinen eigenen Wasseranschluss. Das ist grundsätzlich eher unpraktisch aber nicht überall anders machbar.

Wichtig ist, dass das Nachfüllen nie (!) vergessen geht.

Praxis-Tipp

Samuel betont:

Die Arbeitsroutine muss so gefestigt sein, dass man auch bei Arbeitsspitzen die Tränken auffüllt. Der Vorteil bei diesem System ist, dass man jedes Mal den Zustand kontrolliert und sauber macht.

Faustregeln für eine gute Wasserversorgung

Mehrere Tränken pro Gruppe

Mindestens zwei Tränkestellen pro Herde – vor allem auch bei kleinen Tiergruppen (Aufzucht!) und auch auf der Weide.

Diese werden im Laufstall möglichst weit voneinander entfernt angebracht.

Praxis-Tipp

Berater Samuel stellt fest:

So besteht immer Ersatz, auch wenn eine Tränke ausfällt, z.B. weil sie mit Kot verschmutzt ist.
Ausserdem können dominante Tiere nicht beide Stellen gleichzeitig blockieren.

Troglänge entscheidend

Mindestens 10 cm Wassertroglänge pro Kuh
– nur dann ist ausreichend Zugang zu den Tränken gewährleistet.

Im Sommer lieber mehr – z.B. in Form von Zusatztränken.

Praxis-Tipp

Samuel rechnet vor:

Bei 40 Kühen braucht es mindestens zwei Brunnen mit jeweils 2 Metern – bei 100 Kühen mindestens fünf.

Geeigneter Platz im Laufstall

Tränken dürfen nicht in Sackgassen stehen.
Sie sollten nach dem Melkstand bzw. dem Ausgang des AMS gut erreichbar sein. 

Troghöhe

Am schnellsten und am meisten Wasser trinken Kühe in für sie angenehmer Haltung.
Daher sollten feste Tränken ungefähr eine Höhe des Wasserspiegels von 80 cm haben.

Praxis-Tipp

Samuel sagt:

Mit diesen 80 cm Höhe werden die Tränken auch seltener verunreinigt, da Kot meist nicht so hoch spritzt.
Trotzdem müssen sie täglich kontrolliert werden.

Wasserzulauf

Alle Tränken (auch solche im Anbindestall) sollten mindestens 20 Liter pro Minute schöpfen.
Der Druck in der Leitung muss so hoch sein, dass alle Kühe im Anbindestall beim Melken mehr oder weniger gleichzeitig trinken können.

Praxis-Tipp

Samuel rät:

Die Zulaufkapazität in den Tränken muss hin und wieder nachgemessen werden: Eimer drunter halten, Tränke betätigen, den Überlauf auffangen und die Zeit stoppen bis der Eimer voll ist.
 Oft sind nicht nur der Wasserdruck sondern auch die Leitungsquerschnitte und die Funktionsfähigkeit der Ventile begrenzende Faktoren.

Wasserdurchsatz

Wasser darf in den Tränken nicht abstehen und muss auch bei hohen Umgebungstemperaturen kühl bleiben.
Daher ist auch eine zu grosszügige Wasserversorgung manchmal problematisch. 

Praxis-Tipp

Samuel rät:

Tränken sind ein Teil der Stalleinrichtung, bei dem die Betriebsblindheit oft voll zuschlägt.
Aufgrund ihrer Bedeutung für Tierwohl, Gesundheit und Fruchtbarkeit ist es sinnvoll sich zur Situationsbeurteilung kritische, externe Beratung zu holen. 

Frostsicherung

Natürlich muss auch im Winter die Wasserversorgung sichergestellt sein. Das braucht in einem Aussenklimastall zusätzliche technische Vorrichtungen zu Frostsicherung der Tränken (Ringleitungen, Umlaufpumpen, Heizsysteme etc.).

Praxis-Tipp

Samuel warnt:

Angewärmtes Wasser neigt natürlicher stärker zur Verkeimung. Daher ist der schnelle Durchsatz in diesen Systemen unerlässlich.

Im Sommer

Es hat sich bewährt im Sommer z.B. im Auslauf Zusatztränken anzubieten.

Dadurch lässt sich die Wasserversorgung der Kühe beim höheren Bedarf während warmer Aussentemperaturen sicherstellen. 

Praxis-Tipp

Samuel sagt:

Ich empfehle jedem Betrieb zu prüfen, ob und wo es Möglichkeiten für eine vorübergehende Zusatztränke im Sommer gibt – z.B. im Auslauf oder am Eingang von der Weide in den Stall.
Meist lässt sich durch sie der Hitzestress der Kühe deutlich reduzieren. 

Praxis-Tipp

Samuel weiss:

Die althergebrachten Tränkefässer mit den üblichen Zungentränkebecken sind für ihre Zwecke eigentlich eher ungeeignet:
In den meisten Herden ist das eine Tränkebecken viel zu wenig und läuft viel zu langsam.
Ausserdem erhitzt sich das Wasser in diesen Metallfässern zu stark.
Festverlegte Wasserleitungen mit Schwimmerzulauf in offene Tränken können eine gute Alternative sein.

Praxis-Tipp

Samuel macht aufmerksam:

Dass Kälber von Anfang an Wasser zur Verfügung haben, ist übrigens gesetzlich vorgeschrieben. Es gibt dazu eine Fachinformation vom BLV.